Legionellen sind Bakterien, die in Wassersystemen vorkommen und schwere Infektionen wie die Legionärskrankheit verursachen können. Legionellen können in verschiedensten öffentlichen und privaten Wassersystemen vorkommen, also auch bei dir Zuhause.
Daher haben wir mit einem Experten gesprochen und ihm alle wichtigen Fragen gestellt.
Andre Heilmann ist Leiter der Wohnungswirtschaft-Analytik bei der Eurofins Umwelt Gruppe und spezialisiert auf alle Themen rund um Legionellen in privaten Haushalten. Er ist seit 2015 im Bereich Immobilienwirtschaft der Eurofins Umwelt Gruppe tätig. Dabei hat er neben deutschlandweit tätigen Immobilienkonzernen auch zahlreiche Privateigentümer zu Fragestellungen rund um die Trinkwasserverordnung beraten. Aktuell ist er Geschäftsführer der Eurofins ht-analytik GmbH, die sich der vorbeugenden Trinkwasserhygiene durch Wartungs- und Inspektionstätigkeiten widmet.
Überblick und Gesundheitsrisiken
1. Was genau sind Legionellen?
Legionellen sind Bakterien, die natürlicherweise in Süßwasser-Umgebungen wie Flüssen, Seen und Teichen vorkommen. Sie können jedoch auch in künstlichen Wassersystemen wie Warmwasserleitungen, Kühltürmen und Whirlpools überleben und sich vermehren. Die an der häufigsten vorkommenden und gesundheitlich relevanten Art ist Legionella pneumophila, die die Legionärskrankheit und das Pontiac-Fieber verursachen kann.
2. Wie entstehen Legionellen?
Legionellen vermehren sich in warmem Wasser, insbesondere bei Temperaturen zwischen 25 und 45 Grad Celsius. Stagnierendes Wasser, Ablagerungen und Biofilme in Rohrleitungen bieten ideale Bedingungen für ihr Wachstum. Die Bakterien können sich besonders gut in großen, komplexen Wassersystemen, wie denen in großen Wohn- oder Bürogebäuden, ausbreiten, wenn diese nicht regelmäßig gewartet und technisch in gutem Zustand gehalten werden oder kein regelmäßiger Durchfluss erfolgt.
3. Sind Legionellen schädlich für meine Gesundheit?
Die Hauptgefahr besteht in der Inhalation von Aerosolen, die mit Legionellen infiziert sind. Dies kann zu Pontiac-Fieber, einer grippeähnlichen Erkrankung, oder zur Legionärskrankheit führen, einer schweren Form der Lungenentzündung. Die Legionärskrankheit verursacht Symptome wie hohes Fieber, Schüttelfrost, Husten, Muskelschmerzen und Kopfschmerzen. In schweren Fällen können Atemnot, Brustschmerzen und Verwirrung auftreten. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, Raucher und Personen mit geschwächtem Immunsystem.
Überwachung und Prävention
4. Wer ist für die Untersuchung von Legionellen verantwortlich?
Die Verantwortung für die Untersuchung von Legionellen liegt in der Regel bei den Eigentümern und Betreibern der Wassersysteme, beispielsweise Vermietern, Hausverwaltungen in Vertretung für Wohnungseigentümergemeinschaften oder Betreibern von öffentlichen Einrichtungen. Diese sind verpflichtet, die Wasserqualität zu überwachen und regelmäßige Untersuchungen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Konzentration von Legionellen unter dem gesetzlich festgelegten Maßnahmenwert liegt. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) schreibt vor, dass solche Untersuchungen mindestens alle drei Jahre durchgeführt werden müssen. Bei öffentlichen Objekten, in denen Trinkwasser einem unbestimmten, wechselnden Personenkreis zur Verfügung gestellt wird, sind die Intervalle sogar kürzer. Diese Untersuchungen dienen dem Schutz der Verbraucher und der allgemeinen öffentlichen Gesundheit, indem sie das Risiko von Legionellen-Infektionen reduzieren und allgemeine hygienische und technische Mängel an Trinkwasseranlagen aufzeigen.
5. Muss mein Vermieter regelmäßig Legionellen-Untersuchungen durchführen?
In Deutschland ist der Vermieter von Mehrfamilienhäusern mit 3 oder mehr Wohneinheiten mit zentraler Warmwasserversorgung gesetzlich verpflichtet, regelmäßig Untersuchungen auf Legionellen durchzuführen. Bei kleineren Anlagen oder wenn Wohnungen ausschließlich durch die Eigentümer genutzt werden, liegt keine Untersuchungspflicht vor. Allerdings können sich in solchen Trinkwasseranlagen genauso Legionellen vermehren. Eine Untersuchung ist auch hier zu empfehlen.
6. Wie kann man die Vermehrung von Legionellen verhindern?
Die regelmäßige Wartung und Instandhaltung der Trinkwasseranlage, das Vermeiden von stagnierendem Wasser und die Kontrolle der Wassertemperaturen sind wesentliche Maßnahmen zur Verhinderung der Legionellen-Ausbreitung. Gewissheit verschafft allerdings nur eine fachkundig durchgeführte Untersuchung.
Häufigkeit und Erfahrungen
7. Wie viele Legionellen Erkrankungen gibt es pro Jahr und gibt es größere Ausbrüche?
2023 wurden laut des RKIs ca. 2600 Fälle von Legionellose gemeldet, die Tendenz ist steigend.
Im vergangenen Jahr gab es einen größeren Ausbruch von Legionellen in Stuttgart. Fast alle der über 30 infizierten Personen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Mögliche Ursache war ein Rückkühlwerk der Stadt.
Einer der bisher größten Legionellen Ausbrüche in Deutschland ereignete sich 2013 in Warstein an der Wäster. Bei über 160 erkrankten Personen mussten 12 auf der Intensivstation behandelt werden, bei 2 Personen verlief die Krankheit tödlich. Auch hier war die Ursache wahrscheinlich ein Rückkühlwerk.
8. Was sind deine größten Herausforderungen in dem Bereich Legionellen in der Wohnungswirtschaft?
Die Vermittlung der Formel „Prävention geht vor Intervention“. Die meisten Betreiber von Trinkwasseranlagen orientieren sich an der Untersuchungspflicht, die in der Trinkwasserverordnung festgeschrieben ist. Das ist auch verständlich, da niemand gerne unnötige Kosten in Anspruch nimmt. Im Laufe der Beratung oder spätestens im Zuge des ersten
Legionellen-Falles kommt aber schnell das Erwachen, welche Folgekosten, nach einer Überschreitung des festgelegten Grenzwertes, entstehen können. Präventive Maßnahmen sind hier auf lange Sicht oft kostengünstiger. Ganz nebenbei sind diese, regelmäßigen Wartungen oft auch auf die Bewohner umlagefähig, Folgekosten nach einer Grenzwertüberschreitung jedoch nicht.
9. Und zum Schluss – welchen Tipp kannst du Eigentümern und Mietern von Wohnungen oder Häusern mitgeben?
Bei der Durchführung von Risikoabschätzungen bzw. Gefährdungsanalysen, die der Ursachenforschung nach einer Legionellen-Kontamination dienen, fallen immer wieder einfach zu behebende Mängel auf. Ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Fälle würde sich vermeiden lassen, wenn man die Temperatur des Warmwasserspeichers, oft auch aus Motiven des Energiesparens, nicht absenkt und sicherstellt, dass alle Anlagenteile regelmäßig durchströmt werden. Wenn dann noch ein fachkundiges Unternehmen nicht nur die Heizungsanlage regelmäßig wartet, sondern auch die Trinkwasseranlage im Blick hat, lassen sich viele und teilweise hohe Folgekosten vermeiden.
Unser Fazit
Legionellen stellen eine potentielle Gefahr dar und können sich unter günstigen Umständen jederzeit vermehren. Eine Überprüfung ist also immer sinnvoll, auch für Mieter in Mehrfamilienhäuser zwischen den "offiziellen Untersuchungen" und für nicht untersuchungspflichtige Häuser.